Unterwegs vom 07.-15.10.2016
Welttierschutztag in Tatabánya!
Wie auch im letzten Jahr wurden wir eingeladen. In Tatabánya war ein Fest geplant, vergleichbar mit unserem Sommerfest. Da der Termin eine Woche vor unserem geplanten Transport lag, starteten wir bereits am 7. Oktober, um am Sonntag bei dem Fest dabei zu sein.
Rita holte mich an der Strecke ab. Unser Kuddel war wieder voll bis unters Dach mit Spenden, die in Ungarn dringend benötigt wurden. Wir möchten uns ganz herzlich bei Ihnen bedanken, dass Sie die Tiere vor Ort so vielfältig unterstützen.
Vielen Dank!
Nach der Anreise haben wir wieder all die Spenden ausgeladen. Dann musste das Tierheim noch auf Hochglanz poliert werden, denn der Sonntag war schon nahe. Drinnen und draußen sollte alles blitzen.
Der Vormittag verlief also mit dem Harken von Laub, dem Fegen des Hofes, dem Putzen des Innenbereichs. Und das zusätzlich zu der alltäglichen Arbeit. Alle halfen und die Kindern und Erwachsenen des Mentoren-Programms kamen diesmal am Samstag, um mit den Hunden zu arbeiten. Außerdem probten sie noch für den Sonntag, um dann mit "ihren" Hunden zu glänzen.
Ich möchte nochmal hervorheben, wie toll es ist mitzuerleben, dass auch dort Menschen ehrenamtlich Hilfe leisten, dass Eltern mit ihren Kindern dort helfen, um den Kindern den richtigen Umgang mit den Hunden und den Wert eines Tieres zu vermitteln!
Danke dafür!
Rita und ich waren an diesem Samstag Teil des Mentoren-Programms! Ich schnappte mir Irisz, die kleine Junghündin, für die es noch nie eine Anfrage gab, und wir erlebten zusammen unsere ersten Stunden, zwischen all den ungarischen helfenden Händen.
Im September verstarb einer meiner Hunde und ich beschloss, Irisz mit nach Deutschland zu nehmen, damit sie endlich auch eine Chance auf eine liebevolle Familie erhält.
Mein freier Platz sollte nicht ungenutzt bleiben. Eigentlich hatte ich Rony, die ältere, bunte Hündin, in die ich vom ersten Augenblick an verliebt war, geplant, mit nach Hause zu nehmen. Doch ich musste sie schweren Herzens absagen. Sie ist über 70 cm groß, sie ist zu groß für mein Auto, meine derzeitige Lebenssituation. Dabei ist sie einfach nur toll, sehr sozial, sehr intelligent und passt vom Alter gut in mein Rentnerrudel! Doch ich müsste mir wirklich ein neues Auto kaufen, wenn ich sie zu mir nehmen würde.
Daher möchte ich hier an dieser Stelle auch nochmal über sie berichten. Sie wird von Kindern im Mentor-Programm geführt! Sie ist wirklich eine liebevolle Seele und wir alle hoffen, dass sie nochmal die Chance erhält, auch wenn sie groß, bunt und älter ist, dem Zwinger im Tierheim zu entkommen.
Sonntag ganz früh ging es los. Wieder putzten, harkten alle. Wir versuchten, so gut es ging zu unterstützen, wo Hilfe gebraucht wurde. Am späten Vormittag trafen dann die "Offizellen" ein. Bürgermeister, Tierärzte, Stadtverwalter. So genau ließ es sich für uns nicht ermitteln, wer was war, aber Eva machte mit allen einen Rundgang, erklärte und beantwortete Fragen.
Die Mentoren trudelten ein und machten "ihre Hunde" hübsch. Jeder der Vermittlungshunde erhielt ein selbstgebasteltes Halstuch mit dem Namen darauf. Alles war sehr liebevoll arrangiert. Szilvia hatte die Organisation gut im Griff, damit keine allzugroße Unruhe aufkam.
Gegen Mittag verließen die Mentoren das Tierheim und wir schlossen uns an. Das Fest konnte beginnen!
Dieses Jahr wurde es nicht direkt vor dem Tierheim gefeiert, sondern in der nahegelegenen Gaststätte, dem Hafner. Dort wurde man bewirtet, es gab eine Bühne, Mikofone, Musik, einen kleinen Stand mit Verkaufsartikeln, einen kleinen Hindernisparcour für die Vorführungen.
Alles war selbst gebaut von den Mitarbeitern und Mentoren. Tolles Engagement!
Es gab mehrere Aufführungen, die zugunsten der Tiere stattfanden. Ein Sänger gab sein Bestes und eine Zumba-Gruppe heizte allen ein.
Die Mentoren und Gäste konnten an einem Wettbewerb für Kunststückchen teilnehmen oder sich mit ihren Hunden auf dem Parcour bewegen und sich messen.
Das Wetter hielt, es war ein rundum gelungener Tag! Dank für die Einladung! Wir sind sehr gern Teil dieser Gemeinschaft!
Mit dem Montag startete die neue Woche. Wir erlebten viel, waren nah dran am realen Tierheim-Geschehen.
In Budapest gibt es ein Kastationsprojekt, das durch die Tierärzte-Kammer durchgeführt wird. Dadurch können einige Tiere kostenlos dort kastriert werden. Wir begleiteten Eva mit zwei ihrer Schützlinge dorthin und lernten so die Klinik kennen.
Wir begleiteten sie auf's Dorf, wo sie bei einem Landwirt hilft, der sich eine Kastration nicht leisten kann und der jetzt viele Welpen zu versorgen hat. Die Hunde mussten alle entwurmt und geimpft werden. Die Muttertiere kastriert.
Es war für mich persönlich wieder einmal der Beweis, dass unsere Arbeit so aussehen muss, wie sie ist. Hilfe vor Ort!
Ich war bewegt, tief bewegt von der Armut dieses Mannes, der vermutlich jünger ist als ich und der nicht mal ein eignes Haus bewohnt. Für unsere Verhältisse ist es ein Verschlag in dem er lebt, doch er kümmert sich um seine Tiere, die Welpen waren alle "gut drauf".
Die Welpen siedeln ins Tierheim über, sobald sie können, die Mütter (es waren 3) werden kastriert, sobald das medizinisch möglich ist. Eine der Mütter wird zu ihm zurück auf den Hof gehen und für alle anderen versuchen wir, ein Zuhause zu finden!
Noch bevor wir richtig aufgestanden waren, wurde eine winzige, ausgesetzte Katze ans Tor gebracht. Sie teilte sich ab dann mit uns das Quartier.
Ein Yorkie wurde gebracht. Mehr tot als lebendig. Der Tierarzt versorgt ihn abends spät noch mit Infusionen auf der Krankenstation. Rita und ich hielten dann die Nächte über Wache, guckten immer wieder zu ihm und riefen Eva an, als sich sein Zustand verschlechterte.
Nero muss es schaffen! Wir sind beide eingefleischte Nero-Fans und wünschen ihm so sehr, dass er bald wieder ganz gesund wird. Und glücklich!
Das Telefon klingelte, wie so oft am Tag, und wir begleiteten Eva zu einem Notruf. Ein winziger Chihuahua in Not. Unglaublich war allein der Weg dahin. Keine befestigten Straßen, Schlaglöcher, überall Unrat. Eine Frau stand irgendwo am Rande einer Siedlung. Vor einem Busch lag Müll und ein rieser Haufen Scherben. Dahinter war ein Abgrund. Ein tiefer Abgrund.
Der völlig entkräftete Hund saß inmitten der Scherben, drängte sich Richtung Abgrund. Rita machte schnell einen Schritt auf die Scherben, die unter ihrem Schuh zerbrachen, und griff sich den Hund, bevor er abstürzte. Dabei wurde sie gebissen. Auch das gehört dazu!
Die kleinen Hündin war bis auf's Skelett abgemagert und in einem ganz schrecklichen Allgemeinzustand. Wir waren alle fassungslos über Menschen, die so etwas übers Herz bringen. Aber dafür blieb nicht lange Zeit, denn die nächste Katastrophe kommt bestimmt und wartete auf uns im Tierheim. Dort saß dann eine Beagle-Hündin, die Hilfe brauchte.
Es ist wirklich unglaublich, was alles in ein paar Tagen passiert. Große Freude herrschte, als Nero einmal selbständig den Kopf hob und wacher schien. Aber da brach der nächste Hund im Nebenraum zusammen.
Am Ende der Woche wurde wieder geputzt, geharkt und poliert. Ein Riesen-Event stand an.
Die Musik-Gruppe "Children of Distance" kündigte ihren Besuch im Tiereim an! Szilvia hatte die Band angeschrieben und sie wollten kommen! Children of Distance ist in Ungarn sehr populär, sogar berühmt. Vergleichbar hier wären "Die Ärzte", z.B.
Also echte Stars der Musikszene! Außerdem hatte sich natürlich das Fernsehen dazu angemeldet. Alle waren aufgeregt!
Als sie dann kamen, war alles fertig. Die Mitarbeiter hatten liebevoll Schnittchen zubereitet, selber Kuchen gebacken. Es gab Cola, Kaffee, Wasser.
Undenkbar für Deutschland dachten wir uns immer wieder. Würden solche Stars hierzulande erwartet, käme sicher ein Delikatessen-Catering oder Ähnliches. Aber nicht so dort! Mit bescheidenen Mitteln wurde das Beste daraus gemacht und die Band hielt sich lange im Tierheim auf. Fotos, Interviews, auch mit Eva, und strahlende Gesichter bei den Tiereim Mitarbeitern, die natürlich auch Fans sind.
Alles in allem war "Children of Distance" wohl so beeindruckt von dem Engagement und den Mitarbeitern, dass sie im Dezember wiederkommen nach Tatabánya und dort ein Benefizkonzert zugunsten der Tiere geben.
Uns liefen die Tränen, als wir davon hörten, und wir hoffen sehr, dass Vertreter von kettenlos dann vor Ort sein können!
Viel zu schnell vergeht die Zeit in Ungarn. Viel zu schnell.
Wir bereiteten unsere Rückreise vor und ich kam mir schäbig vor, dass ich Rony nicht mitnehmen konnte. Aber die Vernunft hat gesiegt und ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass wir für sie noch ein liebevolles Plätzchen in der Welt finden.
Dafür stiegt Irisz mit mir aus. Sie ist das Stück Ungarn, das ich dieses Mal mitgebracht habe. Sie sucht ein Zuhause. Doch so lange das nicht gefunden ist, wird sie hier mein Herz berühren, mich ansehen mit ihren besonderen Augen und mich jede Minute daran erinnern, warum ich mich engagiere und dass noch so viele andere dort warten.
Und bald auch 13 Welpen, die jetzt in der selben Lage sind, in der sie einmal war.
Ich möchte ein paar persönliche Worte zufügen und mich ganz herzlich bei Rita für diese Fahrt bedanken. Sicher musste sie sich immer wieder alles von vorne anhören, oder mit meinem Schweigen leben. Ich war dieses Mal sicher keine einfache Begleitung.
Mein Dank geht ebenfalls an die ganzen Teamkollegen und den Kollegen vor Ort, die mich in den letzten Monaten meines Lebens, die voller Trauer und Leid war, ertragen haben. Sie haben mich mit "durchgeschleppt" und mich unterstützt, ohne das ich etwas zurück geben konnte. Alle haben mitgeholfen und angepackt.
Ihr seid ein toll!
Tierschutz ist eben auch Menschenschutz und verstanden und angenommen werden, auch im Schmerz, ist eines der größten Geschenke in unserer Welt!
Danke!
Christine Hartung-Czaja