Weihnachtsfahrt 2015
Endlich war Dezember und ich freute mich schon sehr auf diese Tour. Die letzte Tour in diesem Jahre und meine für die nächsten kommenden Jahre.
Wir hatten einen super Plan, wann wir losfahren, wer alles mitfährt und wie wir alles an Gepäck, Päckchen und Spenden unterbringen können.
Doch daraus wurde leider nichts. Ein schwerer Krankheitsfall kam bei einem unserem Teamkollegen/Fahrer dazwischen. Rita und ich mussten nun also entscheiden, ob wir alles alleine schaffen, uns der Herausforderung stellen oder ob wir eine andere, kurzfristige Lösung, evtl. Verschiebung, finden können.
Wir haben uns dafür entschieden, alleine zu fahren. So viele Hunde und Menschen warteten sehnsüchtig auf das Wochenende, wo sich alles ändern sollte. So viele Pakete hatte kettenlos geschickt bekommen, die für die Tiere und Mitarbeiter des Tierheimes gedacht waren.
Rita und ich waren uns einig, wir schaffen die ganzen Hürden!
Gesagt, getan ging es dann am 16.12. los. Rita war eine Nacht zuvor schon zu mir gekommen, damit wir am frühen Morgen OHNE STRESS starten konnten. So war eigentlich der Plan. Aber wie es so ist, kommt es bekanntlich anders als man denkt.
Mitten in der Nacht in Ungarn angekommen, wurden wir auch vor der Pension von einem sehr freundlichen aber absolut ausgehungerten Straßenhund, einem Dobermann, begrüßt.
Er war auf Futtersuche und lies uns nicht mehr aus den Augen. Freundlich und verspielt kam er auf uns zugelaufen und ließ nicht von uns ab.
Es war bitterkalt und man konnte wirklich jede einzelne Rippe und seine Wirbelsäule erkennen. Er fror und wuselte ganz aufgeregt um uns herum. Erst als wir ihm etwas Trockenfutter auf den Parkplatz streuten, ließ er uns aus den Augen und verschlang dieses. Wir konnten dann in Ruhe unsere Koffer nehmen und sind erst mal ins Bett gefallen.
Am nächsten Tag ging es dann erstmal ins Tierheim. Wir hatten ja einiges an Spenden mit und vor allem so unglaublich viele Weihnachtspakete!
Ein Tannenbaum war im Tierheim auch schon aufgebaut und liebevoll mit Hundeleckerlis geschmückt. Nach einer freundlichen Begrüßung und einem Rundgang ging es dann also los, um die Sachen aus dem Transporter zu sortieren.
Die Tierheimmitarbeiter waren sehr erfreut, als sie sahen, wie viel wir wieder mitgebracht hatten, wie viele bunt eingepackte Pakete es gab.
Nachdem wir die Spenden alle schön wegsortiert hatten, legten wir die Geschenke unter den Baum. Es war wirklich überwältigend, wie viel geschickt worden war! Einige hatten sogar einen ungarischen Text draufgeschrieben, damit die Mitarbeiter auch die Weihnachtsgrüße lesen konnten.
Viele Päckchen gingen auch an die, die sonst vergessen werden. Ein ganz großes Dankeschön an alle Spender, die uns und den Tieren helfen und Anteil an ihrem Schicksal nehmen.
Am selben Abend sind wir dann von Szilvi, einer tollen Tierheimmitarbeiterin, die auch das Mentor-Programm macht, zum Essen eingeladen worden.
Es war ein ganz toller Abend. Sie und ihr Mann Attila, der ebenfalls im Tierheim arbeitet, haben sich große Mühe gemacht und ein leckeres Essen gezaubert. Es war ein sehr bedeutender Abend für mich, den ich nicht mehr vergessen werde. Ungarn hat mir schon in vielen Hinsichten die Augen für das Wesentliche geöffnet und dieses Abendessen bei Szilvi gehörte ganz klar dazu. Ein selbstgemachtes Haus aus billigsten Materialien, ein einziger Raum, wo alles stattfindet. Ein Raum, wo gegessen, gekocht, geschlafen und TV geschaut wird. Nur zwei kleine Fenster, die kaum Licht durchlassen, und ein Ofen, der das ganze Haus mit schöner, kuscheliger Wärme durchflutet.
Eva wurde auch eingeladen und wir machten es uns auf kleinstem Raum gemütlich und lachten viel und erzählten trotz Sprachbarriere!
Was ich eigentlich damit sagen möchte, ist, dass ich mal wieder gemerkt habe, wie man ohne viel „Schnickschnack“ und irgendwelcher Art von Luxus einfach glücklich sein kann.
Das hat mich sehr und tief im Herzen bewegt.
Am nächsten Tag machten wir wieder einen Rundgang durch das Tierheim und schossen noch mehr Bilder von den Hunden.
Auch kam ein Neuzugang während unserer Ankunft an. Der Westie Socke. Er wurde von einem Mann gebracht, der ihn auf der Straße umherirren sah. Socke wurde auf einen Chip überprüft, damit man ggf. etwas über seine Herkunft herausfinden könnte. Leider war das nicht der Fall. Auch war er total verzottel und sehr ungepflegt. Socke wurde als „Neuzugang“ im schon überfüllten Tierheim aufgenommen.
Ein Hund hat mein Herz auch wieder sehr gefesselt, einer, der schon Ewigkeiten im Tierheim sitzt und auf ein besseres Leben wartet.
Ich meine Fickó, der sich zu einem richtigen Kuschelhund entwickelt hat. Von meinen letzten Ungarn-Besuchen hatte ich ihn sehr schüchtern und zurückhaltend in Erinnerung. Ein Hund, der sich irgendwie schon aufgegeben hatte.
Wir waren aber dabei, als Attila den Zwinger sauber machte und Ficko direkt zu ihm kam, um sich seine Streicheleinheiten zu holen. Ficko kuschelte sich an ihn und konnte gar nicht genug bekommen. Ich weiß, dass Ficko sich nur bedingt mit seinen Artgenossen versteht und sich „seine Freunde“ selbst aussucht. Aber ich hoffe und glaube so fest daran, dass da draußen irgendjemand ist, der genau seine sanftmütige Art und sein gutes Herz erkennt. Er hat wie alle anderen auch eine echte Chance verdient und sehnt sich sehr nach einer wärmenden Hand, die sein weißes Fell streichelt und ihn schützt.
Halte durch Ficko und mach weiterhin so tolle Fortschritte!
Es sind so viele treue Hundeaugen, die einem immer direkt ins Herz schauen und dessen Anblick mir bis ins Mark gehen.
Nach dem Rundgang, vielen Bildern und Videos fuhren wir dann wieder Richtung Pension, denn wir mussten ja noch die Boxen aufbauen.
Gesagt - getan! Wie sagen wir immer so schön: Tetris für Erwachsene. Und genauso ist es! Alle Boxen mussten stabil und absolut rutschsicher mit einigen Spanngurten befestigt werden. Es ist nicht nur eine körperliche Anstrengung, sondern vor allem auch eine absolute Denkaufgabe!
Einige Stunden hat es gedauert, bis wirklich alles so stand, wie wir es wollten. Immerhin waren wir am Abend noch bei Eva Zuhause zum Essen eingeladen und wollten uns dieses natürlich nicht nehmen lassen.
Nach einer heißen Dusche und mit ordentlich Hunger im Bauch sind wir dann losgefahren. Auf dem Weg dahin konnten wir wieder einige Hunde sehen. Von hell bis dunkel, groß und klein, mit Halsband oder ohne, alles war vertreten und alle liefen alleine durch die Straßen Ungarns.
So viele Hunde auf den Straßen sind mir noch nie in den letzten Jahren aufgefallen.
Auch werde ich eine Situation nicht vergessen: Wir sahen schon von Weitem zwei Frauen mit einem Schäferhund Gassi gehen.
Soweit hatten wir uns nichts dabei gedacht, bis die eine Frau den Hund, den sie an der Leine hatte, ohne erkennbaren Grund geschlagen hat. Sie zog voller Wucht an der Leine und haute mit der flachen Hand einfach zu. Ich konnte meinen Augen nicht trauen und machte direkt das Fenster auf, um dann ein lautes „Hey“ zu rufen.
Ich kann und werde es nie verstehen, wie man anderen Lebewesen solch eine Gewalt antun kann, vor allem auch nicht, wie man dabei zugucken kann, wie ein anderer solch etwas Böses tut.
Beide Frauen guckten hoch, weil mein Schrei ja recht laut war, und ließen von dem Hund ab. Ich kann nur hoffen und beten, dass dieser Schäferhund nicht zu Schlimmes bei der Dame erleiden muss.
Bei Eva zu Hause war es wie immer sehr familiär! Es war eine gute Stimmung und wir hatten uns immer noch soviel zu erzählen.
Sie hatte zauberhaft gekocht für uns und gab sich wirklich große Mühe, damit wir zufrieden sind. Für mich persönlich fühlt es sich immer wie ein „Nach-Hause-Kommen“ an. Auch wenn ich ja nicht so oft in Ungarn bin. Ein Teil von Evas Familie war auch dabei und aß mit uns. Wir alle hatten viel Spaß gemeinsam und genossen die Stunden sehr.
Am späten Abend fuhren wir dann wieder zurück in die Pension, packten unsere Koffer und beluden den Transporter soweit, dass wir am nächsten Morgen direkt starten konnten.
So war es dann auch. Die Hunde von Harkany wurden rechtzeitig gebracht und wir konnten ins Tierheim starten, um dort die Hunde einzuladen. Auch hier flossen wieder einige Tränchen von den Mitarbeitern und auch Eva. Einerseits natürlich Abschiedsschmerz und auf der andere Seite die Freude, dass ihre Schützlinge nun ins neue Leben reisen dürfen.
Wir hatten ja auch den Langzeitinsassen Timo auf unserer Tour dabei. Solch eine Vermittlung ist natürlich nicht nur für uns hier in Deutschland etwas Besonderes, sondern erst recht für die Menschen, die tagtäglich diesen Hund um sich herum hatten und sich um ihn kümmerten.
Als alles soweit fertig war, gab es von Eva noch einen alkoholfreien Sekt zu trinken. Die Mitarbeiter wurden geholt und wir stießen gemeinsam noch kurz an und wünschten uns allen ein frohes Weihnachtfest und einen guten Rutsch.
Nach vielen herzlichen Umarmungen und guten Wünschen machten Rita und ich uns dann wieder auf den Weg nach Deutschland.
Wir hatten tolle Hunde an Board, konnten tolle Übernehmer bei der Übergabe kennenlernen und kamen überall gut durch.
Ich kann für mich sagen, dass es eine wunderschöne Tour war. Es gab viele einprägende Erlebnisse, die mich sehr zum Nachdenken angeregt haben.
Ich bin froh, im Tierschutz aktiv zu sein, auch wenn die eine oder andere Träne im Tierheim bei mir geflossen ist, weil ich es vor lauter innerlichem Schmerz nicht mehr ausgehalten habe. Es lohnt sich immer, mit anzupacken, sich aufzuraffen und es anzugehen.
Sobald ich kann, werde ich wiederkommen! Das ist ein Versprechen!
Jana Keudel