Reisebericht September 2016
Ungarn, so weit weg!
Ich war so schrecklich aufgeregt, schon Tage vorher habe ich alles gepackt und bin sehr brav um 22 Uhr ins Bett gegangen. Das Ergebnis war dann, dass ich schon um 01:00 „ausgeschlafen“ hatte.
Oje, das würde ein langer langer Tag werden...
Aber es war herrliches Wetter und Teamkollegin Edith, eine alte Häsin in Bezug auf Ungarnfahrten, war sehr pünktlich da, um mich abzuholen.
Also ab auf die Autobahn und fahren, fahren, fahren. Für Pausen bleibt nicht viel Zeit, dafür aber für viele einweisende und anregende Gespräche, denn ich habe viele Fragen.
Wir fahren durch Tschechien, denn das ist kürzer, aber Staus und Baustellen kosten uns Stunden und es ist heiß draußen, sehr heiß.
Um 0:30 erreichen wir unsere kleine gemütliche Pension und schlafen erschöpft ein paar Stunden.
Nach dem Frühstück fahren wir nach Harkány. Dort gibt es kein Tierheim, aber einen Tierschutzverein mit einigen sehr engagierten Tierschützern. Es ist nicht so einfach zu finden, aber zwei der jungen Frauen kommen nach einem Anruf bei Maria zu unserem Auto und holen uns ab.
Noèmi und Bianka gehören zum Team in Harkány und helfen Maria mit den Hunden.
Das Haus liegt etwas abseits von der Straße und ist gut eingezäunt. Zunächst erscheint der Garten klein, später merken wir, dass das Grundstück sehr groß ist und bis an die Straße reicht. Die Hunde können sich frei bewegen und springen natürlich bellend vor dem Zaun herum, als wir kommen.
Maria ist die Besitzerin des schönen alten Hauses. Sie ist eine freundliche alte Dame, die alle Hunde, die sie bei sich aufgenommen hat, sehr liebt. Das merkt man sofort. Aber sie kann auch resolut sein und passt auf, dass die Hunde es untereinander nicht übertreiben.
Noémi studiert Deutsch und wird Lehrerin. Sie übersetzt und hilft mit Bianka und Bogi zusammen, wo sie nur kann.
Im Haus halten sich die Welpen und die Minihunde auf, draußen die Großen. Sie bleiben durch ein geschnörkeltes Eisengitter in der Eingangstür getrennt, im überdachten Vorbau des Hauses. Da liegen einige entspannt herum und schauen uns bei unseren Gesprächen zu.
Es gibt ungarischen Kaffee und süßen, leckeren selbst gebackenen Kuchen.
Wir besprechen alle wichtigen Sachen, die anliegen, und lernen Pink kennen, die uns auf unserem Rückweg nach Deutschland begleiten soll. Sie ist einfach nur allerliebst und äußerst zutraulich. Sie hat noch vier Brüder, die eigentlich ganz schnell da weg müssten, wo sie sich momentan befinden. Der Mann, in dessen Haus sie leben, will sie unbedingt schnell loswerden.
Es gibt viele Probleme, über die wir sprechen müssen, und bei einigen können wir direkt helfen. „Bambi“ hat eine Futtermittelunverträglichkeit, wir haben Sensible-Futter im Spendengepäck.
Dann kommt ein weiteres Problem zur Sprache: der Ausbrecherkönig Vili.
Er ist ein pfiffiger schwarz-weißer Mischling, der über jede Mauer und jeden Zaun entkommt und Streifzüge durch den ganzen Ort unternimmt. Leider macht er sich dabei nicht gerade beliebt, denn er stellt allerlei Blödsinn an, und Bogi, bei dem sich Vili zurzeit aufhält, hat schon viele Probleme mit den Nachbarn, die sich alle bei ihr beschweren.
Darum beschließen wir zu Bogi nach Hause zu fahren, um uns die Sache einmal anzusehen.
In Bogis Hofterrasse werden wir wieder freundlich bewirtet, um uns herum springen fröhlich viele verschiedene Pflegehunde, die sich über uns freuen und kunterbunt durcheinander und miteinander spielen. Vili ist dabei und wir werden Zeugen, wie er zunächst am Zaun hochklettert und von dort auf die Mauer springt. Hätten wir ihn nicht festgehalten, wäre er wieder weg.
Wir beschließen, dafür zu kämpfen, dass es bald einen Platz für Vili gibt.
Spät am Abend sind wir erst zurück in unserer kleinen Pension und fallen todmüde und ein bisschen hungrig ins Bett, denn für ein warmes Essen blieb keine Zeit. (Dafür gab es ja jede Menge ungarischen Kaffee und Kuchen!)
Am nächsten Tag sind wir in Tatabanya im Tierheim, laden die ganzen Spenden aus und machen Fotos von den Hunden, die dort in den Zwingern oder im Freilauf sind.
Mir hat es der kleine Petike angetan, ein süßer, zurückhaltender Dackelmix, der erst kürzlich von seiner Familie hier abgegeben wurde und nun augenscheinlich die Welt nicht mehr versteht. Am liebsten hätte ich ihn gleich eingepackt.
Auch eine kleine Hündin wird von ihren Besitzern abgeben. Die Brüder werden sie behalten. Ruby wird abgeben, weil sie immer wegläuft, wird gesagt. Naja, wir nehmen es so hin. Aber es gibt ein längeres Gespräch mit den Leuten und ihnen wird auch gezeigt, wie viele Hunde momentan im Heim sind und dass die kleine, zitternde und vor Angst sabbernde Maus auf ihrem Arm nun nur eine von vielen sein wird. Sie bleibt trotzdem da und ihre Leute fahren ohne sie wieder weg.
Uns tut es in der Seele weh. Sie kommt erst mal in einen großen Kennel und etwas später beruhigt mich ihr Anblick ein bisschen, denn sie hat ein dickes gemütliches Kissen bekommen, auf dem sie sich zufrieden zusammengerollt hat. Futter und Wasser stehen auch bereit. Am nächsten Tag läuft sie zwischen den anderen „Kindern“ herum. Es tröstet mich, dass ich weiß, die Tierheimmitarbeiter/innen tun alles, damit die Hunde sich wohl fühlen.
Es reisen nur wenige Hunde mit nach Deutschland. Leider wurden nicht viele vermittelt, leider.
Am nächsten Tag fahren wir zurück. Da Kitti vor der Rückreise noch Kuchen stibitzt hat, muss ihre Box unterwegs zwei Mal gereinigt werden, denn der Kuchen will wieder raus!
An „meiner“ Raststätte steige ich nach 15 Stunden wieder aus, wir haben über zwei Stunden Verspätung. Holger und Sabine, zwei liebe Teammitglieder, begleiten nun Edith weiter Richtung Norden und warten schon auf uns. Auch mein Mann steht da und wartet auf mich mit unserem eigenen Hund, Olga, die auch vor gut zwei Jahren so aus Ungarn nach Deutschland gekommen ist. Sie ist eine so liebevolle Hündin!
Ich freue mich darüber, dass ich ein bisschen dazu beitragen konnte, dass ein paar Hunde nun ein schönes Zuhause haben. (Auch wenn eigentlich Edith alles gemacht und organisiert hat!)
Die Erlebnisse der Fahrt sind vielfältig und beeindrucken mich nachhaltig. Es gab viel zu sehen und war anstrengend. Aber ich freue mich, dabei gewesen zu sein, und dass ich viele tolle und engagierte Menschen kennen gelernt habe.
Heinke Gloe