unterwegs vom 21. bis 24.1.15
Meine erste Fahrt nach Tatabánya stand bevor, Gott war ich aufgeregt. Aber ich freute mich auch sehr, denn endlich würde ich unsere Hunde live vor mir sehen und auch das Tierheim selbst einmal kennen lernen.
Früh morgens brachte mich mein Mann zur Raststätte, wo Edith und Silke mich einsammeln sollten, und hier möchte ich mich bei meiner Familie bedanken, die mich bei meiner Tierschutzarbeit so toll unterstützt. Ohne sie im Hintergrund hätte ich nicht fahren können, denn unsere Tiere sollen ja nicht unter meiner Abwesenheit leiden.
Der blaue Klaus war bereits angefüllt mit Spenden, die dringend im Tierheim benötigt werden, und wir durften auch in Süddeutschland noch unglaubliche Mengen an Futterspenden zuladen. Es ist immer wieder toll, wie sehr wir unterstützt werden und dass es Menschen gibt, die sich für bedürftige Tiere so sehr engagieren.
Die Fahrt verlief ohne Probleme, das Wetter war uns wohl gesonnen und wir erreichten unser Hotel gegen Mitternacht, müde und kaputt, aber guter Dinge und gespannt auf die nächsten Tage.
Nach dem Frühstück ging es dann los in das Tierheim, wo wir erst einmal freundlich begrüßt wurden und uns dann an das Ausladen der vielen Spenden machten. Ein herzliches Dankeschön noch einmal dafür, die Tierheimmitarbeiter waren begeistert. Wir warfen einen ersten Blick auf die Hunde, mussten uns dann aber wieder trennen, denn an diesem Tag stand die Besichtigung zweier Tierheim in der Umgebung auf dem Plan, immer wieder werden wir um Hilfe gebeten und wir als Verein müssen abwägen, ob es Projekte sind, wo die Zusammenarbeit klappen kann oder ob es Sinn macht, sie zu unterstützen. Nicht immer eine leichte Entscheidung, viele Aspekte müssen dabei berücksichtigt werden.
Der Tag verging wie im Flug und nach einem leckeren Abendessen fielen wir in unsere Betten, ich war voller Vorfreude auf den nächsten Tag, denn dieser war reserviert für die Hunde in Tatabánya.
Am nächsten Morgen regnete es und leider sollte sich das auch nicht ändern im Laufe des Tages, aber egal, wir würden das Beste daraus machen, da war ich mir sicher.
Wir fielen noch in den Supermärkte in der Umgebung ein und kauften zusätzliches Futter für das Tierheim, denn dort gibt es immer wieder Futterknappheit und nicht genügend finanzielle Möglichkeiten, genügend Futter für die Versorgung der Hunde zu kaufen. Also standen wir zu dritt an den Kassen mit Bergen von Futtersäcken in den Einkaufswägen. Etwas komisch wurden wir schon angeschaut, denn solche Haufen an Futter kauft man ja nicht alle Tage.
Dann ging es endlich ins Tierheim, wieder erwartete uns große Begeisterung über die Futterspenden und es wurde beim Ausladen kräftig mit angepackt. Und dann hatten wir endlich Zeit für Fotos und die Hunde.
Wir gingen durch die Zwingertrakte und katalogisierten die Hunde. Wer sitzt mit wem im Zwinger zusammen, welcher Hund zeigt sich wie. Wir befragten die Tierheimmitarbeiter nach einzelnen Hunden und deren Verhalten mit wenigen Brocken Ungarisch, Händen und Füßen. Und irgendwie funktionierte es. Trotz der Sprachschwierigkeiten erhielten wir ganz viele Informationen. Wichtige Eindrücke und Infos, um das passende Zuhause für unsere Schützlinge zu finden.
Und es sitzen so tolle Hunde dort. Es war unglaublich wie freundlich sie alle waren, trotz der unschönen Situation im Tierheim. Es zerschnitt mir das Herz, sie dort alle sitzen zu sehen. Vor allen Dingen die alten Hunde und die Langzeitinsassen machten mich traurig, ebenso die Hunde, die schon als Welpe oder Junghund ins Tierheim gekommen waren, die nichts anderes kennen als ihre Zwinger und den Auslauf 1-2 Mal am Tag, wenn ihre Zwinger gereinigt werden, tagein, tagaus, über Jahre hinweg.
Dieses Leben hat bei vielen Hunden seine Spuren hinterlassen. Sie drücken sich in die hinterste Ecke des Zwingers, wenn fremde Menschen vor ihnen stehen. Viele hatten nie die Chance, sozialisiert zu werden und jede neue Situation macht ihnen Angst.
Ein Toby, seit November 2007 sitzt er dort, mit gerade mal einem guten Jahr ins Tierheim gekommen. Ein Schäferhundmischling, inzwischen gealtert, hat sich zurückgezogen von den Menschen. Was gibt es auch Gutes von ihnen zu erwarten in seinem Leben.
Ein Timó, ebenfalls seit 2007 im Tierheim. Er war jung als er dort aufgenommen wurde. Aber Schäferhundmischlinge sind „out“, auch er ist scheu und alt, wer will schon so einen Hund?
Eine Muffin, die völlig eingefroren in ihrer Zwingerecke hockt. Ein riesengroßes Mädchen, wunderschön, freundlich, aber ängstlich. Sie kam 2008 mit gerade mal einem halben Jahr ins Tierheim und sitzt und sitzt. Aber es gibt auch die Hunde, die lange dort sind und trotzdem immer noch offen Menschen gegenüber sind.
Unser Pite, ein recht kleiner, charmanter Mischling, im Alter von wenigen Wochen im Tierheim gelandet, genauer gesagt am 01.08.2007. Es ist völlig unverständlich für mich, dass er immer noch dort ist, aber ist halt nicht jung und wuschelig, so etwas wollen die meisten Menschen. Tja Pite, Pech gehabt.Du gefällst den Menschen nicht, hättest Dir ein anderes Fell aussuchen sollen.
Besonders in Herz geschlossen habe ich Tristzán, ebenfalls ein Schäfimischling, der schon seit Januar 2008 im Tierheim sitzt. Mit ihm durften wir in der Waschküche des Tierheims ausgiebig kuscheln.Was für ein freundlicher, verschmuster, offener Hund ist er geblieben, trotz all der Jahre im Tierheim, er saugt die Streicheleinheiten nur so auf. Für jeden Menschen wäre dieser Hund ein 6er im Lotto, aber auch er wird nicht gesehen.
Ich könnte immer so weiter schreiben, voller Begeisterung für die Hundeseelen, die dort auf eine Besserung ihrer Lebensumstände warten. Auch die schwarzen Hunde will niemand haben.
Valka, eine total nette, freundliche Hündin, zu jedem und allem nett.Sie ist seit Dezember 2008 im Tierheim, aber älter und schwarz und somit ohne Hoffnung. Zala, lieb und nett, verträglich, seit 2009 im Tierheim, leider zu unscheinbar, um auf das Interesse der Menschen zu stoßen.
Moricka, ein sanftmütiger Riese, sehr zurückhaltend. Aber auch er hat so viel Liebe zu geben, der Liebling einer Gassigängerin, die schon seit Jahren versucht, auf ihn aufmerksam zu machen, denn sie hat erkannt, was für ein Goldschatz er ist. Aber seit 2009 muss dieser sanfte Kerl sein Dasein im Tierheim fristen.
Es sind so viele. Ich kann nicht alle einzeln nennen, aber wir werden für die Alten, die Schwarzen, die Langeinsitzer und die Ängstlichen kämpfen. Wir müssen mehr für diese Hunde tun und ich habe mehrfach mein Herz verloren und werde alles tun, damit diese Hunde wahrgenommen werden.
Ich hoffe auf Menschen, die ihr Herz diesen Hunden gegenüber öffnen, denn all diese Hunde sind in der Lage, ihr Vertrauen neu aufzubauen. Sie müssen nur eine Chance bekommen.
Wir machten viele Fotos und verbrachten auch viel Zeit mit den Hunden, die gerade im Auslauf waren, auch um einschätzen zu können, wie sie sich fremden Menschen gegenüber verhalten. Dabei wurde auch viel getobt, ich sah in kürzester Zeit aus wie nach einem Schlammbad, mein Fotoapparat wurde in den Matsch befördert und die stürmische Kinga schaffte es sogar, mir eine Schneidezahnfüllung mit ihrem dicken Bullerkopf auszuschlagen.
So tolle Hunde kamen zum Toben und Spielen, Gofri, der kleine Wirbelwind, Ico, Oliver, Volan, Vagany, die jungen Wilden, alle dankbar für ein wenig Abwechslung in ihrem langweiligen Alltag und nicht zu vergessen Kinga, unser schwarzes Powerpaket, eine tolle Hündin, die, so agil und voller Energie wie sie ist, unter der Bewegungsarmut im Tierheim leidet.
Die Zeit raste und so mussten wir uns verabschieden. Ich war sehr traurig, ich hätte noch Tage und Wochen dort verbringen können, aber ich werde wiederkommen zu „meinen“ Hunden, das weiß ich.
Ich bin immer noch voller Wehmut, wenn ich an all diese Schätze zurückdenke. Am nächsten Tag hieß es früh aufstehen, denn die Rückfahrt stand an. Das Einladen der Hunde ging zügig vonstatten, aber da es dieses Mal sehr viele Hunde waren, dauerte es schon eine Weile, die Chips müssen abgelesen werden, jeder Hund bekommt ein Halsband, die Wassernäpfe müssen gefüllt werden, usw.
Auch die kleine Vera ging an Bord. Sie war 2 Jahre lang bei unserer Tierheimleiterin zur Pflege gewesen und Eva weinte und weinte. Ihr fiel die Trennung sehr schwer, aber auch das ist Tierschutz. Sich von seinen Lieben zu trennen und Platz zu schaffen für neue Notfälle. Ich habe großen Respekt vor allen Pflegestellen, ob nun in Ungarn oder in Deutschland.
Wir fuhren mit etwas Verspätung los in Ungarn und leider hatte es auch noch begonnen zu schneien, und zwar so stark, dass wir nur sehr langsam voran kamen. Dies führte zu einer weiteren Verspätung, so dass wir um die 2,5 Stunden hinterm Fahrplan lagen und an den Übergabeplätzen auch mit erheblicher Verzögerung eintrafen.
Die meisten Übernehmer warteten geduldig auf ihre Schätze, freuten sich unbändig und es war wunderschön für uns, diese Hunde in die Arme ihrer neuen Besitzer zu übergeben. Nur die Adoptanten von Junghund Franz hatten keine Muße, auf uns zu warten. Sie teilten uns am Telefon mit, dass sie nach Hause fahren würden, ihnen würde das alles zu lange dauern.
Wir saßen wie vom Blitz getroffen im Transporter und waren sprachlos ob dieser Lieblosigkeit. Aber alle waren sich einig, er hatte ein besseres Zuhause verdient. Von unterwegs wurde eine Pflegestelle organisiert, denn irgendwo musste dieser kleine Kerl ja hin. Hier geht mein besonderer Dank an Rebekka, die ohne zu zögern mitten in der Nacht bereit war, den Kleinen bei sich aufzunehmen.
Für einen Hund an Bord freute ich mich besonders, unser Zorro, der Liebling meiner Teamkollegin Christine, die seit über einem Jahr schwer in diesen Hund verliebt war, einer der unsichtbaren, scheuen Langzeitinsassen, den niemand wollte. Sie litt, denn jedes Mal musste sie ihn zurücklassen bei den Transporten und dann wurde er auch noch bei einer Beißerei verletzt. Aber ihre Familie sagte nein, nicht noch ein Hund.
Was sie nicht wusste war, dass eben diese Familie beschlossen hatte, sie von ihren Qualen zu erlösen und sie organisierte hinter Christines Rücken seine Ausreise.
Zorro reiste also als Überraschungspaket mit. Leider war ich bei der Übergabe nicht mehr dabei, ich hätte gern Christines Gesicht gesehen und hätte diesen freudigen Moment gern miterlebt.
Gegen 05.00 h morgens war ich Zuhause. Edith und Silke mussten noch weiter gen Norden, für sie war die Tour noch nicht zu Ende. Leider war auch das Wetter in Norddeutschland sehr eklig, Schnee, Glätte, alles erforderte eine konzentrierte, langsame Fahrweise.
So eine Fahrt zehrt an den Kräften, physisch und auch psychisch und ich drückte die Daumen, dass auch die letzte Strecke gut bewältigt wurde. Ich war nicht das erste Mal in Ungarn, aber das erste Mal in Tatabánya, aber es wird mit Sicherheit nicht das letzte Mal bleiben.
Ich bin verliebt in die Hunde und in die Menschen dort, die uns so gastfreundlich empfangen haben. Es schmerzt mich so sehr, all diese Hunde dort zu wissen, und ich habe ihre Augen und ihre Blicke noch so sehr vor Augen und für ewig im Herzen. Haltet alle durch Ihr Lieben, unser Team hier in Deutschland wird weiterhin mit aller Kraft versuchen, ein schönes Zuhause für euch zu finden, denn jeder Einzelne von euch hat es so sehr verdient.
Susanne Heick