unterwegs vom 17. bis 19.11.14
Unsere Novemberfahrt startet am Donnerstag, den 13.11. Meine Fortbildung am Chiemsee lässt uns beide Termine zusammenlegen und die Fahrt um eine Woche vorziehen.
Rita begleitet mich und auch Hörbi, mein schwarzer Begleiter aus Tatabánya, ist dabei. Hörbi mag nicht gerne ohne mich sein, daher muss er mit.
Nach 3 Tagen Fortbildung folgt am Montag noch ein Treffen mit dem Kollegenkreis Gewaltfreies Hundetraining. Am Nachmittag können wir dann aus Bayern starten und kommen am späten Abend in Tatabánya an. Müde fallen wir ins Bett.
Am Dienstagmorgen starten wir nach einem ausgiebigen Frühstück ins Tierheim. Hörbi, mein vierbeiniger Begleiter, steigt dort nur sehr zögernd aus dem Transporter. Er hat arge Probleme mit der Situation. Für ihn ist es eine Rückkehr in sein früheres Leben. Und ich sehe ihm an, was in ihm vorgeht. Er ist unsicher und ich habe das Gefühl, er weiß nicht mit der Situation umzugehen. Mir ist schnell klar, dass ich das nicht noch einmal tun werde. Für weitere Fahrten muss eine andere Lösung her.
Viel Zeit bleibt uns dieses Mal nicht. Nur ein Tag, um nach den Hunden zu sehen, Fotos zu machen und Streicheleinheiten zu verteilen.
Es gibt immer einige Hunde, die mir besonders am Herzen liegen. Da sind Muffin und Nikita. Die beiden Hunde sind schon recht lange im Tierheim. Und niemand interessiert sich für sie. Keine Chance für Nikita und Muffin bisher. Diese Hunde sind so freundlich, etwas zurückhaltend, aber so dankbar für ein wenig Ansprache. Die beiden schleichen sich immer wieder auf's Neue in mein Herz. Zu ihnen führt mich immer zuerst mein Weg. Rita hängt so sehr an Kefir. Der kleine Mann ist noch so voller Tatendrang, noch so hoffnungsvoll.
Oft denke ich darüber nach, wie sich das Leben der Tierheimhunde anfühlt. Wie muss es sein, dieses Leben, das nur aus Warten besteht?
Warten, dass es Futter gibt, warten, dass man sich ein wenig bewegen darf, warten, dass eine winzige Veränderung eintritt im täglichen Einerlei, in der täglichen Tristesse. Was für ein trauriges Leben.
Was für ein Unterschied zu meinen Hunden.
Hunde sind so neugierig, so entdeckungsfreudig, sie sind voller Tatendrang, wenn man sie lässt. All das ist aber im Tierheimalltag nicht möglich. Und das zum Teil viele Jahre.
Die Mitarbeiter dort geben sich alle Mühe. Aber bei so vielen Hunden ist es schwierig, allen gerecht zu werden. Ich denke darüber nach, wie es wäre, wenn man selber so leben müsste. Eingesperrt mit zwei oder drei anderen Menschen. Zweimal am Tag kurz an die Luft, nach 15 Minuten wieder zurück in die Zelle. Keinerlei Abwechslung, kaum Bewegung.
Wie lange hält man das aus? Wann gibt man sich auf? Wann erträgt man das Leben nicht mehr? Für Nikita, Muffin und ihre Artgenossen ist das Alltag.
Hörbi hat es geschafft, er ist einer der glücklichsten Hunde der Welt geworden. Aber so viele andere warten noch auf ihre große Chance.
Bei mir macht sich immer eine gewissen Traurigkeit breit, wenn ich dort im Tierheim bin. Ich freue mich für jeden Hund, der die Chance auf ein neues Leben hat. Und ich weine um jeden Hund, der zurückbleibt, der weiter hoffen muss, weiter warten muss.
Einige Hunde fahren am nächsten Morgen mit in ein neues Leben. Sie haben Glück. Aber so viele bleiben zurück – wieder einmal.
Wir starten am Mittwochmorgen. Einige glückliche Hunde bekommen ein neues Leben. Wie fast immer ist es ruhig im Transporter. Die Hunde schlafen.
Die Übergaben nehmen uns die Traurigkeit. Jetzt kommen die schönen Momente der Fahrt. Einige Hunde gehen auf ihre neuen Besitzer zu als würden sie sie schon immer kennen, als kämen sie von einer kurzen Reise zurück nach Hause. Wie eigenartig und wie wunderbar. Vielleicht ist schon vorher eine Verbindung da. Ich denke, es gibt da etwas, das wir nicht erklären können. Und wir sollten es auch gar nicht versuchen.
Ich jedenfalls glaube fest daran.
Das sind dann die Momente, in denen ich so manche Träne der Rührung aus den Augen wischen muss. Jeder Hund bekommt von mir etwas mit auf den Weg. Jeder bekommt den Satz mit: „Ich wünsche dir ein wundervollen Leben.“ Manchmal ausgesprochen und manchmal in Gedanken. Beides kommt von Herzen. Hunderte Male habe ich das schon gesagt. Und ich würde es so gerne viel öfter sagen können.
Wir sind fast zu Hause als Rita aussteigt. Den Rest schaffe ich alleine. Zu Hause angekommen, steigen wir aus dem Transporter, Hörbi und ich. Hörbi wirkt immer noch ein wenig verstört und ich verspreche, ihm das nie wieder anzutun, diesen Schritt zurück. Und noch einmal verspreche ich ihm, sein Vertrauen niemals zu enttäuschen. Ich liebe diesen Hund mehr als ich ihm jemals zeigen kann.
Edith Kniehase