Schritt für Schritt!
Die Pilgertour.
Schritt für Schritt Pilgern bedeutet, eine Bitte mit auf die Reise zu nehmen, Abbitte zu leisten für Geschehenes und eine Zeit zu nehmen, in der man mit besonderer Achtsamkeit für seine Umgebung ist.
Sie möchte an all die erinnern, die von uns vergessen sind, obwohl sie täglich ihr Leben für unseren Genuss lassen - millionenfach.
Sie möchte Abbitte leisten für das, was Mensch macht, mit seinen Mitmenschen, seiner Umwelt und vor allem mit seinen Mitgeschöpfen, den Tieren.
Schritt für Schritt möchten wir für die Tiere ein wenig mehr Respekt, ein wenig mehr Aufmerksamkeit, ein wenig mehr Mitgefühl erreichen. Schritt für Schritt sind wir uns sicher, dass es möglich sein muss, dem Wegschauen entgegenzugehen, sensibler zu werden für das Unrecht, was täglich von uns - unbemerkt oder ignoriert - toleriert und subventioniert wird.
Schritt für Schritt möchten wir etwas erreichen: Rücksicht, Mitgefühl, Respekt und Gerechtigkeit, vor allem für die, die keine Stimme haben und die auf uns angewiesen sind, egal ob in Schlachthöfen, Pelzfarmen, Versuchslaboren, Zirkussen oder in einem der unendlich vielen anderen Bereiche, in denen man Tiere ausbeutet.
Schritt für Schritt gegen das Leiden der Tiere. Christine möchte auf diesem Wege neue Erfahrungen sammeln, Menschen begegnen und ein Stück mit diesen den Weg gemeinsam gehen, aufklären, Fragen beantworten und auch Fragen stellen. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, in zwölf Tagen eine Strecke von 237 Kilometern zu Fuß zurückzulegen, sie pilgert auf dem deutschenTeil des Alten Ochsenwegs.
Der Alte Ochsenweg ist hier stellvertretend der Leidensweg für viele tausende - von uns Nutztiere genannten - Lebewesen; Schafe, Gänse, Ziegen und eben auch Ochsen. Schon damals gab es die Ware Tier, hier entstand ein bedeutender Viehandelsweg, der hoch oben im dänischen Viborg begann und in Wedel an der Elbe bei Hamburg endete.
Christines Weg führt sie nicht in der ursrünglichen Richtung, nämlich von der dänische Grenze bis nach Hamburg, sondern entgegengesetzt. Ein Richtungswechsel, der auch die Hoffnung ausdrückt, der Gewohnheit, dem, was wir als normal empfinden, etwas entgegenzusetzen, mit Traditionen zu brechen und Gedankenmuster aufzubrechen und zu hinterfragen.
Die Pilgerreise soll zwölf Tage dauern, ein Zeitraum, der nicht nur so ausgewählt wurde, weil er mit Christines Laufpensum kompatibel ist, sondern weil die 12 eine besondere Zahl ist. Sowohl in der Wissenschaft, als auch in der Religion und der Mythologie hat die 12 einen besonderen Stellenwert.
Christines Pilgertour vom 15.07. - 26.07.2014
Lesen Sie hier das Interview mit Christine:
Hallo Christine, bist du schon aufgeregt?
Hallo Petra, ja, das bin ich. Obwohl ja noch etwas Zeit ist bis zum Start.
Wie bist du darauf gekommen, eine Pilgertour zu machen? Soll es eine Erholung vom Alltag sein oder was möchtest du damit erreichen?
Wie bin ich darauf gekommen?.
Also, ich hatte irgendwie im Kopf, eine 100-Tage-Aktion zu starten. Über eine so lang andauernde Aktion hatte ich schon viel nachgedacht, aber ich wusste das nicht so recht umzusetzen oder etwas aus den 100 Tagen zu machen. Es sollte ja mehrere Dinge beinhalten.
Zum einen wollte ich, dass man diese 100 Tage auch sinnvoll füllen kann. Und zum anderen wollte ich natürlich Aufmerksamkeit für unsere Sache erregen. Und das auf ganz friedlichem Wege.
Die Überlegungen gingen in die Richtung: Was tut anderen nicht weh, was könnte man geben, ohne großen Aufwand oder irgendwelche Investitionen? Was steht für die gute Sache, den Tierschutz? Wie setze ich das um.
Dieses Thema „100-Tage-Projekt“ haben wir auch auf einem unserer öffentlichen Stammtische besprochen, ohne dass wir am Ende ein zufriedenstellendes Ergebnis hatten.
Direkt auf das Pilgern bin ich erst später gekommen. Das hing mit meinen Gedanken zusammen, was ich als einzelne Person bewegen kann. Und mit dem Ochsenweg.
Ich hatte darüber gelesen, dass es der alte Handelsweg für Nutzvieh war und mit älteren Herren meiner Nachbarschaft gesprochen, die das erlebt haben. Sie brachten ihre Tiere zu Fuß nach Wedel, von hier ganz oben, der dänischen Grenze.
Mit meiner Teamkollegin Kristina entstand die Idee, diesen Weg noch einmal zu gehen. Mit einem anderen Ziel, einer anderen Botschaft. Schritt für Schritt einer respektvolleren Welt entgegen.
Ich werde die Reise starten, um mich bei den Tieren, die tagtäglich getötet, gequält, misshandelt und ausgenutzt werden, zu entschuldigen.
Eine Erholung wird diese Strecke ganz sicher nicht werden. Davon gehe ich nicht aus. Ich denke da eher an einen saftigen morgendlichen Muskelkater.
Wieso fiel deine Wahl auf den „alten Ochsenweg“?
Wie bereits erwähnt, geht der Ochsenweg von Dänemark nach Hamburg. Die Strecke bot sich einfach an, da es der Leidensweg der Tiere war um die es hier geht. Außerdem lebe ich ja auch in Schleswig Holstein und ein Teil meiner Vereinskollegen ebenfalls. Der Ochsenweg war also naheliegend.
Wie viele Hunde nimmst du mit? Sind deine Hunde alle jung und gesund oder was machst du, wenn sie nicht mehr laufen können?
Ja, wenn ich das schon wüsste.
Ich habe vier Hunde, die alle ein Handicap haben. Ich habe einen herzkranken Hund, dem es augenblicklich nicht gut geht, der kann schon einmal nicht mit. Der Gesundheitszustand lässt das leider nicht zu. Das gleiche gilt leider auch für einen weiteren Hund, der an Epilepsie leidet. Das wäre einfach zu viel für ihn und ich würde unter Umständen durch den wechselnden Rhythmus, die ständigen neuen Eindrücke, Anfälle auslösen.
Dann habe ich noch eine alte Hündin. Mit ihr und meinem Rüden Socke habe ich schon mal pilgern geübt. Wir sind mit einem Bollerwagen los; eine Strecke von fünf Kilometern marschiert, aber sie schafft es auch nicht, überzeugend mitzulaufen. Hinzu kommt dann ja noch die leidige Arthrose und die anderen Wehwehchen, die man im höheren Alter eben hat.
Jetzt, beim Üben ist das Wetter noch nicht so heiß, aber sie schwächelt eben jetzt schon. Von daher werde ich unter Umständen nur meinen Rüden mitnehmen können. Er ist jetzt 9 Jahre alt und kann das gut mit mir laufen.
Ich versuche natürlich, vorher auszuloten, wen ich mitnehmen kann. Daher würde ich meine Hunde, für die es einfach zu viel wäre, auch nicht krampfhaft mitnehmen.
Wenn mal jemand nicht mehr laufen kann, ich zum Beispiel, machen wir eine Pause. Ganz klar. Das ist ja der Vorteil, uns hetzt niemand. Wir müssen nur abends am Ziel ankommen.
Schlaft ihr draußen auf einer Wiese und laufen deine Hunde dann nicht weg?
Schlafen…, ja, das sehen wir dann. Und mein Hund läuft nicht weg. Das denke ich nicht, zumal wir den Weg angeleint zurücklegen müssen. Außerdem hätte Socke viel zu viel Sorge, dass ich ihn allein in der Fremde zurück lasse. Er wird mich schon im Auge behalten, auch wenn er mal ohne Leine sein sollte.
Wirst du dich von Beeren und Regenwürmern ernähren? Nein, Spaß beiseite. Wie machst du das mit dem Proviant und Wasser für dich und deine Hunde?
Ja, das ist eine organisatorische Herausforderung.
Ich laufe gegen Tierleid, setze mich ein gegen unzumutbar grausame Misshandlungen und Tötungen, auch an sogenanntem Nutzvieh, und werde natürlich vegane Kost zu mir nehmen. Regenwürmer also nicht, Petra.
Einen gewissen Vorrat von allem kann ich ja zum Start mitnehmen und dann hoffe ich, unterwegs versorgt zu werden. Es werden ja immer mal wieder Teammitglieder dazustoßen.
Ich gehe davon aus, dass man uns nicht verhungern und verdursten lässt.
Für mich ist es eine gruselige Vorstellung, wenn ich bei Blitz und Donner irgendwo auf einem einsamen Weg stehe mitten in der Pampa. Hast du davor gar keine Angst?
Wenn ich ehrlich bin, habe ich noch nicht eine Sekunde darüber nachgedacht, dass es blitzen und donnern könnte. Das sehen wir dann. In jedem Fall stirbt mein Hund fast vor Angst bei Gewitter.
Sicherlich wirst du ein Handy dabei haben, um im Notfall Hilfe anzufordern, oder? Was machst du, wenn der Akku leer ist? Gibt es im Falle eines Falles einen Erste-Hilfe-Plan?
Ja natürlich nehme ich mein Handy mit. Es gibt so besondere Batterien, mit denen kann ich dann mein Handy wieder aufladen. Ich hab mich damit aber noch nicht weiter beschäftigt, weiß also noch nicht genau, wie das funktioniert.
Geplant ist von jeder Teilstrecke eine Liste mit Notfallnummern, wie Tierarzt usw. anzufertigen, damit man sie dann sofort zur Hand hat.
Ich denke, der eine oder andere Leser wird sich natürlich fragen, wie du das mit den nicht vorhandenen sanitären Einrichtungen regeln willst. Ich würde mein Badezimmer vermissen. Wirst du auch ohne Dusche und Toilette auskommen?
*lacht* Das muss ich wohl, wenn ich in dieses Abenteuer starte. Auch hier denke ich, dass sich die eine oder andere Gelegenheit ergibt, ins Wasser zu kommen. Und natürlich werde ich mein Bad vermissen! Das ging mir früher schon so, als ich in Ungarn oder Rumänien im Hotel-Badezimmer unter Duschwasser stand, das nicht klar war und eisenhaltig roch. Das erste war immer eine heiße Dusche mit sauberem, nicht riechendem Wasser, wenn ich wieder Zuhause war. Das wird diese Mal wohl auch so werden.
Glaubst du, dass du durchhalten wirst und wie würdest du dich fühlen, wenn du abbrechen müsstest?
Natürlich halte ich das durch. Ich will nicht abbrechen.
Die Mio. Tiere tagtäglich können auch nicht abbrechen oder ihr Schicksal eben mal verändern. Ich bin entschlossen, das durchzuziehen. Für eine bessere Welt.
Es gäbe natürlich immer familiäre Not-Situationen, wo ich dann nicht weiter laufen könnte, aber auf die wollen wir ja nicht hoffen.
Hoffst du, dass du durch diese Aktion viel Aufmerksamkeit bekommst oder ist es dir vielleicht sogar lieber, wenn du ganz in Ruhe durch die Felder wandern kannst.
Hm... wer weiß das schon, Petra. Ich habe keine Ahnung, wie ich mich unterwegs fühlen werde.
Sicher wird es Momente geben, in denen ich auch mit mir alleine sein muss. Grundsätzlich hoffe ich auf Begegnungen mit verzauberten Momenten und guten Gesprächen, vielleicht das Reh, das mir ganz früh am Morgen über den Weg läuft, oder der Spaziergänger, der mich anspricht und fragt, was ich da mache.
Alles wird spannend, denke ich.
Vielen Dank für dieses Gespräch.
Gerne.
Unsere Reiseroute ab 15.7.2014:
Wedel-Uetersen
Uetersen-Ellerhoop-Hemdingen
Hemdingen-Bissenmoor
Bissenmoor-Großenaspe
Großenaspe-Ehndorf
Ehndorf-Nortorf
Nortorf-Jevenstedt
Jevenstedt-Fockbek
Fockbek-Klein Rheide
Klein Rheide-Idstedt
Idstedt- Eggebeck