Schlachthausmahnwache vor Vion Bad Bramstedt
Zum ersten Mal im neu begonnen Jahr fanden wir uns erneut zusammen vor Vion, dem Schlachthaus in Bad Bramstedt.
Vor genau jenem Schlachthaus, das vor einiger Zeit geschlossen wurde, weil viele unhaltbare und unvorstellbare Grausamkeiten und Verstöße gegen beispielsweise Hygieneverordnungen und das Tierschutzgesetz aufgedeckt wurden. Genau dieses Schlachthaus, das nun seit geraumer Zeit seinen Betrieb wieder aufgenommen hat.
Wie plötzlich die Einstellung der dort arbeitenden Menschen sich dahingehend verändert haben soll, dass sie nun alle Missstände sofort erkennen und beheben bzw. diese nun gar nicht erst aufkommen lassen, sei der Fantasie eines jeden einzelnen selbst überlassen.
Wir hingegen bedurften keinerlei Fantasie, wir wissen, was jedes Tier im Innern eines Schlachthofes erwartet: Leid, Schmerzen und unsägliche Angst.
Und genau aus diesem Grund kommen wir hier regelmässig zusammen. Eine kleine Mahnwache, von einer einzelnen mutigen Aktivistin ins Leben gerufen, die hier Woche für Woche tapfer ihre Frau gestanden hat, und den Tieren auf ihrem letzten Weg Respekt gezollt hat - vermutlich das erste Mal in ihrem peinvollen Leben - die sich nun zu einer festen Größe für Tierschützer rund um Bad Bramstedt und aus ganz Schleswig-Holstein und Hamburg entwickelt hat.
Am ersten Februarsamstag waren wir knapp 40 Aktive, die in nasskalter Witterung den bekannten Weg vom Schlachthaus bis in Bad Bramstedts Innenstadt zum Marktplatz antraten, bewaffnet nur mit Worten und Bildern auf Plakaten. Dennoch wurden wir offenbar wiederholt als aggressiv von Bramstedter Bürgern wahrgenommen, vornehmlich vermutlich von jenen, die den dortigen Markt mit einem Fleisch- und Wurstwagen beschickt haben.
Genau denen sind wir wahrscheinlich ein Dorn im Auge, wir als diejenigen, die auf das aufmerksam machen, was hinter der Gesichterwurst und den fröhlichen Comicschweinchen passiert.
Die auf die brutale Realität hinweisen, die man nicht sieht, wenn man nur die penibel und sauber abgepackten Fleisch- und Wurstwaren im Supermarkt vor Augen hat und nicht den Weg, der dorthin geführt hat.
Die, die die Tatsachen aussprechen, dass hinter jedem Bissen Fleisch ein fühlendes Wesen gesteckt hat.
Die, die versuchen, durch Bilder und Worte, durch Präsenz und Aufklärung zum Umdenken, zumindest zum Nachdenken zu bewegen.
Und an vielen Reaktionen kann man erkennen, dass es uns zum Teil gelingt, wir werden wahrgenommen, wir bekommen Feedback, angefangen über offenkundig feindselige Gebärden und Gesten, verstohlene Blicke auf unsere Banner, Gelächter und auch immer mehr positive Resonanz, von vorbeifahrenden Autofahrern mit erhobenen Daumen, Radfahrern, die uns zulächeln und bestärken und auch Menschen, die sich uns anschließen.
Ich habe an diesem Samstag als ich wieder zu Hause war, immer wieder ein Zitat im Kopf gehabt und muss auch jetzt wieder lächeln, wenn ich daran denke:
"Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über Dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du." (Mahatma Gandhi)
Ich glaube, jedes Mal dort vor dem Schlachthaus kommen wir etwas weiter dorthin. Und wenn es jedes Mal nur ein einzelner ist, den wir zum Nachdenken angeregt haben, der sich aufgrund unserer Aktion informiert, dann war es die Anfahrt, die Zeit und das Frieren in der Kälte wert.
Deshalb sind wir noch lange nicht am Ende, nicht nur hier, sondern überall.
Deshalb freuen wir uns über jeden, der sich uns dort anschliessen möchte. Und deshalb machen wir weiter.
Wir sind laut, wir sind hier, für die Befreiung von jedem Tier!
Kristina Schnoor