Heute ist Nikolaus und auch unser Harry hat seinen Stiefel rausgestellt.

Allerdings wird in Harrys Stiefel nicht viel drin sein, ein Maulkorb vielleicht und ein Terminkärtchen für ein ernstes Gespräch mit Knecht Ruprecht.

Denn Harry gehört dieses Jahr nicht zu den Braven und Folgsamen.

Harrys Liste seiner Fehlverhalten ist lang, aber nicht besonders spannend. Grundsätzlich geht es bei Harry immer um Ressourcen, um Durchsetzen seiner Ziele und das nicht besonders einfallsreich oder charmant, sondern immer nur mithilfe seiner 42 Argumente. Das ist für die Beteiligten nicht nur langweilig und nervtötend , sondern auch meistens sehr schmerzhaft. Und darüber muss Knecht Ruprecht dringend mit Graf Garstig aka Harry ein ernstes Wörtchen sprechen.

Wer ist Harry überhaupt? Jedenfalls keine 60 Kilo Wuchtbrumme , er bringt grade mal ein Fünftel davon auf die Waage und ist mit seinen nicht mal 40 cm Schulterhöhe auch nur in seinem Weltbild der Allergrößte. Aber Harry hat in seinen fünf Lebensjahren niemanden getroffen, der sein Bild von sich einmal realistisch malt. Vermutlich war Harry in seinen ersten Lebensmonaten ein unauffälliger junger Hund, der einfach versucht hat, unterm Radar zu fliegen, denn das ist in Rumänien ziemlich gesund für einen eher kleinwüchsigen Jungspund. Harry kam seinerzeit also in die Obhut unseres rumänischen Partnervereins und wurde auch recht schnell von seinen damaligen Menschen entdeck. Süß wie er war, wurde er rasch Teil der Familie und das für vier Jahre. Vier Jahre, in denen Harry an seinem Selbstbild von Graf Garstig arbeiten konnte, immer unter dem Deckmantel der Niedlichkeit. Dieser Mantel wurde dann aber immer öfter abgestreift und im letzten der vier trauten Familienjahre wohl auch immer häufiger und heftiger. Soll heißen: Graf Garstig war dabei, sein Reich mehr und mehr zu erweitern und setzte dabei auch immer wieder seine Zähne ein. Das Ende des Lieds war nicht die Weltherrschaft sondern die Kündigung des Mietvertrags.

Harry landete wieder in unserer Obhut. Aber da er sein Verhalten innerhalb der letzten vier Jahre recht ordentlich manifestiert hatte und wir erkennen mussten, dass selbst hundeerfahrene Menschen mit Harry an ihre Grenzen stoßen und wir auch keine geeignete Pflegestelle hatten, die angemessen mit Harry arbeiten konnte, war es an uns, Lösungen finden.

Wir wollen Harry eine echte Chance ermöglichen, er soll nicht nur aufbewahrt werden, sondern wieder die Möglichkeit auf ein Leben haben. Harry ist kein Systemsprenger, Graf Garstig hat halt nur ein ziemlich unrealistisches Selbstbild und gelernt, dass er mit Beißen zum Ziel kommt. Was wir nicht wollen ist, dass Harry zum Wanderpokal wird, der am Ende nur rum - und weitergereicht wird, weil niemand etwas mit einem kleinen Hund anfangen kann, der aussieht wie der kleine Lord aber bei Nichterfüllen seines Willens recht schnell zu Freddy Krüger mutiert. Das hätte Harry auch nicht verdient, denn er ist nicht mit dem Plan auf die Welt gekommen, die Herrschaft derselben an sich zu reißen. Ihm sind keinerlei Grenzen gesetzt worden und das über den Zeitraum von mehreren Jahren.

Wir möchten unser Gräfchen Garstig nicht aufgeben und sind uns unserer Verantwortung bewusst, so dass wir uns entschlossen haben, Harry in Profihände zu übergeben, die sich mit den Dr Jekills und Mr. Hydes der Hundewelt auskennen. Und zu unserem und seinem großen Glück haben wir noch einen Platz für Harry bekommen im Hundezentrum Artgerecht. Hier wird mit Harry gearbeitet, er muss lernen, dass er mit seinem Verhalten nicht zum Ziel kommt, muss andere Strategien und Lösungsansätze finden: Momentan ist er da noch recht ratlos, wie Vera vom Hundezentrum uns berichtete. Aber es gibt auch schon Positives zu vermelden, Graf Garstig hat zwar eine ordentliche Meinung von sich selbst, Bock auf Streit hat der Kleine allerdings weniger und in der gemischten Hundegruppe hat er auch nur dann Themen, wenn es um Ressourcen geht, ansonsten kommt er mit den anderen gut klar. Er ist dort sehr gut aufgehoben und wir denken, dass er mit der richtigen Anleitung auch wieder der kleine Hütehundmix Harry werden kann, der er wohl mal war, bevor die Weichen gestellt wurden und für die richtigen Menschen mit vernüftiger Auslastung und Führung zum tollen Begleiter werden kann.

Soweit können wir uns momentan glücklich schätzen, diese Chance für Harry bekommen zu haben. Worüber wir nicht glücklich sind, sind die Kosten, die uns hierdurch überrollen und die an anderer Stelle fehlen.

Harrys Unterbringung reißt monatlich ein Loch von 1200 € in unsere Vereinskasse, für einen kleinen Verein wie unseren allein kaum zu stemmen.

Wir sind uns bewusst, dass man eher helfen möchte bei Hunden, die gemobbt, gebissen oder geschlagen wurden und nun unserer Hilfe bedürfen. Aber auch Harry ist nicht gut behandelt worden, er hat seine Strategien entwickelt, weil seine Menschen keine hatten, der Mantel des Graf Garstig war vermutlich nicht seine erste Wahl, ist nachher aber normal für ihn geworden, weil ihm nichts anderes zur Verfügung stand.

Wir hoffen, dass der Nikolaus sich gegen Ruprecht durchsetzt und auch Harrys Stiefel füllt, wenigstens ein kleines bisschen, damit es nächstes Jahr zum Nikolaus keinen Graf Garstig mehr gibt und Harry gelernt hat, dass Kommunikation keine Einbahnstrasse ist.

Daher haben wir die diesjährige Weihnachtsspendenaktion Harry gewidmet. Wenn ihr die kleine Garstigkeit bei seinem Weg unterstützen möchtet, ihm wieder ein Hundeleben ermöglichen wollt, dann gebt bitte den Verwendungszweck "Harry" an.

Wir sagen von Herzen "Danke" in Harrys Namen und wünschen allen eine schöne und besinnliche Vorweihnachtszeit und einen gut gefüllten Nikolausstiefel.

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