Katzenvolk
Eigentlich bin ich nie ein Katzenmensch gewesen, im Gegenteil, früher von einer Allergie gegen Katzen geplagt, hatte ich bisweilen sogar Angst vor ihnen, weil ich keine Ahnung von ihrer Körpersprache hatte und sie so auch nicht verstehen konnte.
Irgendwann fand ich dann eines Nachmittags ein winziges Kätzchen im Wald, dass dort offensichtlich ausgesetzt worden war.
Ich nahm die Kleine mit nach Hause, informierte das Tierheim und wollte sie eigentlich am nächsten Morgen dort hinbringen.
Es brauchte allerdings nur eine Nacht, bis unser Herz verschenkt war (übrigens auch das unserer zwei Jagdhunde, die bis dato nie in Berührung mit Katzen als Hausgenossen gekommen waren) und die erste Katze hier einzog.
Sie war diejenige, die meine Allergie weitestgehend in den Hintergrund treten ließ, sozusagen meine Immuntherapie.
Wir gaben ihr den Namen Zoe, sie war ein kleiner Grautiger und wuchs sehr schnell mit uns und den Hunden zusammen.
Zoe gab hier den Ton an, als nach und nach andere Katzen hier einzogen.
Leider wissen wir nicht, was mit Zoe passiert ist, sie kam eines Tages nicht mehr nach Hause. Großangelegte Suchaktionen mit Flyern etc. verliefen ergebnislos.
Ein Nachbar berichtete, dass er am Nachmittag ihres Verschwindens einen Kampf zweier Katzen mitbekommen hatte, nach seiner Beschreibung passte es auf unsere Zoe und einen großen roten Kater aus der Nachbarschaft, der schon geraume Zeit alle terrorisierte.
Eine Tierkommunikatorin bestätigte diese Version, konnte uns endgültig aber auch nicht weiterhelfen.
Noch immer schauen wir Fundanzeigen durch und hoffen auf eine Meldung von Tasso, auch wenn es bereits über fünf Jahre her ist.
Wir hoffen einfach, dass sie nicht leidet, sollte sie noch leben und dass es ihr gut geht, egal, wo sie ist, es tut immer noch weh, daran zu denken.
Als Nächste zog ein Jahr später unsere erste ausländische Katze hier ein, Loulou aus Ungarn.
Loulou war deutlich größer als Zoe, allerdings auch deutlich selbstständiger. Sie war freundlich, aber bestimmt und zog unsere Gesellschaft nicht immer einem ruhigen Plätzchen draußen vor.
Mit Loulou fing die aktive Tierschutzzeit bei mir an, denn mit ihr zog der erste Auslandsgast hier bei uns ein und ich fing an, mich über die Arbeit dort zu informieren.
Das ist inzwischen über acht Jahre her. Loulou ist derweil grauer geworden, ihren Prinzipien aber treu geblieben, wobei sie mit jedem Jahr und jeder grauen weiteren Strähne die Zeit im Haus mehr zu schätzen weiß, vor allem, wenn es kühler wird.
Als nächster Kandidat trudelte Kater Moritz hier ein, ein Notfall, der eigentlich vermittelt war. Er war nach einem Unfall oder starken Misshandlungen an der Hinterhand gelähmt und somit Urininkontinent, hatte aber abgesehen davon einen unbändigen Lebenswillen. Außerdem waren seine Prognosen recht gut in Bezug auf das Wiedererlernen des Laufens.
Er war in ein festes Zuhause gereist, ich war selber auf dieser Tour dabei. Allerdings hatte die Übernehmerin sich wohl überschätzt und wollte ihn nach nicht einmal 12 Stunden bereits loswerden, da sie mit seiner Inkontinenz überfordert war (nach bereits sechs Stunden…)
Es gestaltete sich natürlich schwierig für ihn mit seinem Handicap eine Stelle zu finden und dauerte dementsprechend. Inzwischen bekamen wir von ihr Nachricht, dass sie ihn nur noch notdürftig versorge und er in einem kleinen Bad eingesperrt gehalten wurde.
Das konnte ich nicht mehr ertragen, also zog Kater Moritz hier als Pflegekater ein (er ist inzwischen sieben Jahre bei uns…)
Derweil lebten hier nun auch mehr als zwei Hunde, deren Anzahl sich proportional mit den Jahren im Tierschutz vergrößert hatte, wie bei fast allen anderen Kollegen auch.
Katzen wollten wir allerdings nicht mehr aufnehmen, auch wenn alle sich hier gut verstanden, habe ich doch manchmal wieder Symptome einer Allergie bemerkt.
Dann kam einer der letzten Märztage vor einigen Jahren.
Es war morgens grau, kalt und windig, und ich hatte mich gerade fertig gemacht, vor der Arbeit noch schnell eine Runde mit den Hunden zu laufen. Die Haustüre war grade einen Spalt geöffnet, als ich es in unserem Carport rascheln und knacken und poltern hörte und ein kleiner bunter Blitz auf mich zu schnellte und vehement Einlass begehrte und dürr und durchnässt herzzerreißend miaute.
Wir gaben ihr, nach dem üblichen Prozedere (Tierheim informieren, Tierarztbesuch, Chip auslesen etc.) den Namen Phoebe, denn es hatte sich sonst niemand für sie gemeldet.
Phoebe war dreifarbig, eine sogenannte Glückskatze, und das sollte sich für mich bewahrheiten..
Phoebe hatte sich hier so schnell eingefügt, auch mit den inzwischen vier Hunden, dass es fast schon unheimlich war.
Sie schlief auch als einzige von Anbeginn an mit ihm Bett. Es schien bereits nach einem Tag, als sei sie nie woanders als hier gewesen.
Nach einem Jahr entwickelte sie die Angewohnheit, mir morgens auf den Bauch zu springen und bis zu meinem Gesicht hochzulaufen.
Eines Morgens zelebrierte sie wieder ihr Ritual , als ich unter ihren Pfötchen auf meiner Brust einen Schmerz bemerkte, hin tastete und einen Knoten fühlte.
Ich wusste sofort, dass ich damit zum Arzt gehen musste.
Meine Diagnose Brustkrebs ist inzwischen vier Jahre her, ich habe die Therapien auch dank meiner Tiere und natürlich meiner Familie und meiner Freunde erfolgreich hinter mich gebracht und es geht mir gut.
Danach hat Phoebe kein einziges Mal mehr ihren Gang von Bauch zum Gesicht gemacht, sie liegt nun wieder einfach irgendwo bei uns im Bett und lümmelt herum.
So, wie die Feststellung, dass Hunde Herrchen haben und Katzen Personal, so trifft hier für uns der Ausspruch, dass unsere Hunde eben einfach da sind, die Katzen aber einen Auftrag haben (was sie zweifelsohne auch sehr gern hören, heben sie sich damit doch mal wieder von den nach Katzenmeinung gewöhnlichen und einfach gestrickten Hunden ab…)
Ich versuche, jeden Tag dankbar zu sein für das, was unsere Tiere uns schenken durch ihre Anwesenheit. Manchmal gelingt mir das nicht, und man wird vom Alltag mit Arbeit, Sorgen und Problemen etc. überrollt. Aber irgendwann erden sie mich dann doch wieder.
Und es ist einfach so viel mehr , was man zurückbekommt für seinen Einsatz.
Immer in der Weihnachtszeit zünde ich übrigens auch für Zoe eine Kerzen an und denke daran, dass die Tierkommunikatorin mir von ihr übermittelt hat, ich solle gut auf mich acht geben. Das tue ich!
Ich wünsche Euch allen besinnliche Weihnachten und ich denke immer an Dich, mein Mädchen, egal, wo Du jetzt bist!
Kristina Schnoor von Kettenlos